Zwanzig Monate nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 scheint eine gerechte Ordnung für die Menschen in Palästina und Israel unvorstellbar. Da es angesichts der vernichtenden israelischen Militäroperationen in Gaza für die Palästinenser:innen um das bloße Überleben geht, wagt kaum jemand, von politischen Lösungen des territorialen Konflikts zu sprechen. Dabei ist eine Diskussion über die Zukunft des Gebietes zwischen Jordan und Mittelmeer dringender denn je.
Jahrzehntelanges Wegschauen und formelhaftes Festhalten an der Zweistaatenlösung haben zu einer Ein-Staat-Realität geführt, die für Palästinenser:innen mit gewaltsamer Besatzung, Vertreibung, einem Apartheid-Regime und ethnischer Säuberung einhergeht. Jetzt nutzen radikale Kräfte in Israel ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluss, um ihre Vorstellung eines national-religiösen Groß-Israel umzusetzen. Damit steht Israels Zukunft als liberale Demokratie infrage, dem palästinensischen Volk wird nicht nur das Recht auf einen souveränen Staat, sondern auch sein Existenzrecht abgesprochen.
Angesichts dieser Bedrohung gibt es international viel Solidarität, doch diese geht nicht mit einer konkreten politischen Vision einher. Hunderttausende rufen „Palestine will be free“, aber was ist gemeint? Ein eigener palästinensischer Staat im Westjordanland, in Gaza und Ost-Jerusalem? Oder gleiche Rechte für alle im Gebiet „from the river to the sea“? Was bedeutet das für Israelis und Palästinenser:innen?
Braucht es zwei Staaten, um Israel als „Heimstatt des jüdischen Volkes“ zu erhalten und dem Anspruch der Palästinenser:innen auf Selbstbestimmung gerecht zu werden? Was soll mit den mehr als 800.000 Siedlern passieren, die illegal palästinensisches Land besetzen und einer solchen Lösung im Weg stehen? Ist ein demokratischer Rechtsstaat, der keinen Unterschied zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Staatsbürgern macht, deshalb nicht die bessere Lösung für ein Gebiet, in dem drei Weltreligionen verwurzelt sind? Wie aber kann die Sicherheit zweier Völker, die sich vom jeweils anderen existenziell bedroht fühlen, in einem gemeinsamen Staat gewährleistet werden? Welche Alternative bietet eine Konföderation und wie könnte diese aussehen?
Die Bereitschaft zum Nebeneinander- oder gar Zusammenleben scheint vor Ort kaum noch vorhanden, zu tief sitzen Hass, Angst und Misstrauen bei den Menschen. Gibt es politische Stimmen, die Israelis wachrütteln und Palästinenser:innen einen könnten? Und welche Rolle könnte die internationale Gemeinschaft – insbesondere Deutschland – dabei spielen?
Selbstverständlich müssen Fragen der Selbstbestimmung von Palästinenser:innen und Israelis entschieden und ausgehandelt werden. Mit unserer Debatte, bei der vier Expert:innen über mögliche Szenarien und konkrete Schritte dorthin diskutieren, wollen wir das Thema in Deutschland vor allem versachlichen und besprechbar machen.Die Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Mercator statt.
Mit Diskussionsteilnehmer*innen: Yossi Bartal, Inge Günther, Fuad Hamdan und, René Wildangel.
Moderatorin Kristin Helberg.






